Ich stelle mir das Innenleben von Julias Kopf ungefähr so vor: viele bunte Straßen auf weißem Untergrund, die sich kreuzen, aber doch ganz geordnet sind. Auf diesen Straßen fahren kreative Ideen. Formuliert in großen Lettern. Was für diese etwas abstrakte Idee spricht sind Julias Antworten auf meine Fragen und ihr Blog philuko. Beide sind hervorragend inspirierend, bunt, schlicht, persönlich und einfach leuchtend anders. Ach und ihre Ideen fahren dann natürlich auch aus ihr heraus und nehmen hier Gestalt an...
Liebe Julia, verrate mir deine Magazinfavoriten!
Ich mag den Weekender und das Froh Magazin sehr gerne, und Magazine von Kunsthochschulen – wie
das Some Magazine von der Burg
Giebichenstein Halle oder Vier, das Magazin der Hochschule für Künste Bremen.
Für Kinder ist die KindertSeitung ganz
toll.
Kaufst du dir schnell ein neues
Magazin?
Ja, weil ich irre
neugierig bin. Sobald ich irgendwo etwas Neues sehe, will ich wissen, wie es
ist.
Du bist Grafikerin. Hast du eine Spezialempfehlung?
Die Werke aus dem Lubok-Verlag. Ich weiß nicht mehr, wie
ich diese Kleinod entdeckt habe – in den
Weiten des Netzes verliert man sich ja all zu oft und gelangt durch Zufall
irgendwohin, wo man hängen bleibt. Es ist jedenfalls ein Verlag in Leipzig, der
ganz feine Kunstbücher herausgibt. Der Verlag wurde 2007 gegründet von
Christoph Rückhäberle, einem Künstler, der der sogenannten Neuen Leipziger
Schule zugerechnet wird.
Ruckhäberle’s Linolschnitte begeistern mich! Ich beobachte gerade einen auf
Ebay. Ich möchte unbedingt ein Werk von ihm besitzen.
Außerdem hat Ruckhäberle
die weltschönsten Limo-Etiketten gestaltet. Leider gibt es die Lipz Limo nicht in meinen Breiten. Ich
musste sie mir von meinen Verwandten, die glücklicherweise näher dran sind,
zuschicken lassen. Die zwei Flaschen mit den bunten Männchen stehen in der
Küche im Regal und werden gehütet wie ein Schatz. Niemals werden sie im Altglas
landen.
Oh, das ist ganz
unterschiedlich. Es gibt so viele Quellen. Gut gemachte Kataloge wie die von Toast, Auerberg, Nils Holger Moormann
und Anthropologie können inspirieren.
Außerdem besuche ich sehr gerne Kunstausstellungen, schaue mir die Auslagen von
handwerklichen Schule an (allen voran die Schnitzschule in Garmisch), lese
Magazine und Blogs... oder ich streune durch die Natur und entdecke dort Dinge,
die sich weiterverarbeiten lassen. Wie das Farnblatt, das zur Weihnachtskarte
wurde. Und manchmal sind meine Kinder die Ideengeber. Neulich kam meine Tochter
zurück aus der Schule mit einem riesigen Blatt in der Hand. Auf den Kopf
gestellt sah es aus wie eine Birne. Wir haben das Blatt gepresst und gerahmt.
Und jetzt hängt das gute Stück in der Küche. Meine kleine Tochter malt sehr
gerne. Die Art, wie sie Dinge sieht, aufs Papier bringt, ausschmückt und
bemustert hat mich schon oft zum Weiterspinnen angeregt. Von Kindern kann man
viel lernen.
Sammelst du Magazine?
Nein, Magazine nicht.
Aber Stühle und Portraits. Magazine werden bei mir nachdem ich sie ausgelesen
habe sofort entsorgt. Ich habe einfach zu wenig Platz. Bis auf die schönsten,
die wandern ins Regal und ich ziehe sie immer mal wieder raus und schaue sie
mir an.
Ich liebe gute Typographie in jeglicher Form. Selbst arbeite ich gerne mit einzelnen Buchstaben als grafischem Motiv. Für eines meiner Kissen habe ich mit dem Pinsel einen Schriftzug gemalt oder einen Elefanten aus Buchstaben konstruiert. Und ich habe ein Portrait gefertigt, das aus lauter Schreibmaschinen-Xen besteht. Toll auch, wenn Buchstaben zu Wohnaccessoires oder Möbelstücken werden, wie die Buchstabenhocker von Sascha Grewe oder die Leuchtbuchstaben aus dem Hamburger Typo-Paradies freundts – von beiden besitzen wir Stücke.Und seit letzter Woche trage ich sogar Typo am Körper! So sehr mag ich Lettern.
Oh ja. Seit meiner
Kindheit. Ich hatte Brieffreunde in England, Spanien, Italien und Australien.
Leider beruht das meist nicht auf Gegenseitigkeit. Das Internet hat das
Briefeschreiben wohl ziemlich verdrängt – und nette Mails sind ja auch was
Feines und es geht so schön schnell. Der „echte“ Brief, den man anfassen und in
einer Kiste aufbewahren und immer wieder herauskramen kann, hat dadurch etwas
Besonderes bekommen. Ich schreibe zur Zeit wöchentlich eine Karte oder einen
Brief an Nina (besser bekannt als Fräulein Text). Wir haben uns ein Projekt
erdacht: Jede Woche ein Brief-Wechsel. Ein ganzes Jahr lang. Wir sind gerade in
der Mitte, so ungefähr... mal sehen, ob wir das durchhalten. Aber ich bin
zuversichtlich. Mir macht das großen Spaß. Ich führe Liste, welche Karte ich
schon verschickt habe, damit Nina nicht zwei Mal das gleiche Motiv bekommt.
Überhaupt habe ich festgestellt, dass einige Blogger hinter den Kulissen sehr
regen Briefkontakt pflegen. Das finde ich toll.
Ich habe ganz viele
Briefe aus meiner Jugend, gut verwahrt in meinem Nachtschränkchen. Von Zeit zu
Zeit lese ich sie durch. Ich kann mich im Allgemeinen sehr gut von Dingen
trennen, aber bleiben für immer. Ein
Brief, den mir mein Vater geschrieben hat, als es mir mal nicht so gut ging, ist
dabei das wichtigste Schriftstück.
Schreibst du gern? Und mit welchem Material?
Ich schreibe total gern
und lege Verkäufen stets eine persönlich verfasste Karte bei. Das ist mir
wichtig. Ich habe schon als Kind immer gekritzelt, alles voll geschrieben und
die Schriften anderer nachgeahmt. Seltsamerweise schreibe ich am besten mit
einem Edding CD Marker. Der macht wirklich eine schöne Schrift und ist
tiefschwarz, fast wie Tusche. Eine Kundin hat mir daraufhin geschrieben „Was
für einen Stift verwendest du?? Das ist ja ein unglaubliches Schriftbild!“ Das
fand ich lustig. Mit Tinte schreibe ich aber auch oft.
Hast du ein Lieblingspapier?
Ich liebe Papier! Ich
habe kein bestimmtes Lieblingspapier, mag aber gerne Papier, die nicht reinweiß
sind, sondern einen leichten Ton haben – und matt muss es sein!
Recyclingpapier oder Papier in Creme- und Pastelltönen bevorzuge ich. Das
Papier im Weekender gefällt mir z.B. sehr. Ich habe mit Papier schon einiges
angestellt. Einen Lampeschirm gebaut, eine Schale geformt, Scherenschnitte
kreiert... Dieses Material ist so vielseitig. Mein neuestes Objekt ist der
Schnipselhocker. Der entstand folgendermaßen: Wir fuhren an einer
Papier-Recyclingfirma vorbei. Im Hof standen riesige Berge von
Papierschnipselbündeln. Ich sagte: „Ich will auch so was, das sieht aus wie ein
gemütlicher Hocker“. Erst dachte ich, die Firma könnte mir vielleicht einfach
so ein Bündel überlassen. Aber von Nahem betrachtet waren das Riesenklötze,
viel zu groß – und zu schwer! Also musste ich selbst tätig werden und auf einen
Styroporrohling unendlich viele Papiersstreifen kleben. Das war eine
Heidenarbeit – alle fünf Familienmitglieder waren mit von der Klebepartie. Und
jetzt erfreue ich mich immer, wenn ich den Hocker neben mir sehe, mein Glas
oder mein Buch darauf ablege, an diesem Schnipselwerk. Die Arbeit war es wert.
Papier ist toll, weil man so viel damit machen kann!
Wie liest Du? Zwischendurch oder nur ganz bewusst?
Oh, ich würde gerne –
aber Lesen mit Ruhe ... das ist ganz schlecht vereinbar mit drei Kindern.
Tagsüber komme ich so gut wir gar nicht dazu, weil immer Trubel ist. Vormittags
arbeite ich. Und abends bin ich oft kaputt und das Lesen kommt meist zu kurz,
zumindest das Lesen von Büchern. Kurzweiliger und entspannender ist das Lesen
von Magazinen.
Ja. Ich mag das
gedruckte Wort eindeutig lieber. Am Bildschirm lese ich nicht so gerne, es
strengt mich an. Es ist eher ein Schauen statt ein Lesen. Meine Augen werden
beim Lesen am Bildschirm schnell müde (ich könnte niemals ein Buch auf dem
Kindle lesen). Meine tägliche Blogrunde ist für mich aber Hochgenuss:
Inspiration, Unterhaltung, Austausch und Entspannung – einfach Schönes ansehen.
Wie siehst du die Zukunft der Magazinwelt?
Ich kann mir nicht
vorstellen, dass es irgendwann keine Magazine mehr geben wird. Für mich wäre
das ein großer Verlust, weil ich das Blättern liebe. Und das geht hoffentlich
vielen anderen auch so. Einige Blätter fahren inzwischen ja zweigleisig,
veröffentlichen gedrucktes und virtuelles Wort, betreiben Blogs (Couch, Nido,
Brigitte... etc.). Vielleicht ist das die Zukunft?
Ein wunderbarer Einblick mehr in Julias Welt.
AntwortenLöschenEine Zukunft ohne Gedrucktes will ich mir gar nicht vorstellen! Papier hat eine Seele, kein Bildschirm kann das imitieren.
AntwortenLöschenDa ich allerdings beim weltgrößten Druckmaschinenhersteller beschäftigt bin, spüre ich jeden Tag ganz massiv den Rückgang von Gedrucktem weltweit.
Vielen Dank! Auch wenn ich schon einieges über Julia weiß, gibt es mit diesem Interview doch wieder einen neu Facette. Schöne Grüße, Wiebke
AntwortenLöschenEin feines Interview mit Julia - und ein feines Blog, auf das ich gerade erst gestoßen bin (und es bedaure, dass ich gleich weiterarbeiten muss und mich nicht durch deine Beiträge treiben lassen kann ...). Herzlich, Sabine
AntwortenLöschenDanke für das schöne Interview und das Lustmachen auf Papier!
AntwortenLöschenLiebe Marleen und liebe Julia,
AntwortenLöschenganz wunderbare Zeilen.
Und dazu die farbenfrohen und so detailreichen Bilder.
Rundum schön!
liebe julia, auch ich bin fan deines (edding) schriftbildes :) wieder mal ein interview über einen viertuellen menschen über den ich immer wieder gerne lese.merci hierfür.
AntwortenLöschenein interessantes interview mit lieblingsbildern und einer wunderschönen schrift!
AntwortenLöschenein sehr schönes interview. interessant gefragt und sympathisch geantwortet:)!
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